Aktuelle Einschätzung der Aktienmärkte

Wir leben weiterhin in turbulenten und verrückten Zeiten. Wer glaubte, Corona und die damit einhergehenden Folgen seien nicht mehr zu übertreffen, der wurde leider eines Besseren belehrt – und es scheint nicht enden zu wollen.:

Der Krieg in der Ukraine , Energiekrise, Lieferketten-Problematik, steigende Preise, politische Spannungen und eine „De-Globalisierung“ verunsichern Menschen weltweit. An den Finanzmärkten hat dies zur Folge, dass die Zentralbanken die Zinsen schnell stark erhöhen – die Auswirkungen merken wir mittlerweile alle: Baufinanzierungszinsen verdreifachten sich und Baupreise bleiben vorerst hoch – eine Kombination, die für viele den Traum vom Eigenheim vorerst in weite Ferne rücken lässt.

Die Aktienmärkte mussten deutliche Kurseinbrüche hinnehmen. Aber auch Sparer mit scheinbar sicheren Anlagen wie Rentenpapieren müssen – zumindest zwischenzeitlich – deutliche Wertrückgänge hinnehmen. Die Inflation kommt nun auch noch hinzu. Erwartet hatten wir sie schon lange, jetzt kam sie schnell und heftig und ist wohl gekommen, um zu bleiben. Sicherlich nicht in der aktuellen Höhe von 10%, aber wahrscheinlich über dem „Zielniveau“ der EZB von 2% pro Jahr.

Was bedeutet das alles jetzt für die Aktienmärkte?

Aktuell befinden wir uns in einer Rezession oder kurz davor (von einer Rezession spricht man, bei einem Kursrückgang von mind. 20%). D.h. aber nicht, dass die Wirtschaft stillsteht oder alle Unternehmen Pleite gehen. Vielmehr wächst die Wirtschaft jetzt 2 oder 3 Quartale nicht oder geht leicht zurück. Langfristig wird die Wirtschaft aber auch wieder wachsen. Allein schon wegen der Inflation werden die Einnahmen und der Gewinn der Unternehmen zunehmen und damit auch die Kurse wieder steigen lassen. Das wird nicht für alle Unternehmen zutreffen, manche Unternehmen werden verschwinden oder übernommen, aber es werden auch wieder neue Unternehmen gegründet. Das Prinzip kennt eigentlich jeder aus seinem Garten: Immer wieder schneidet man Hecken und Büsche zurück, damit diese danach noch stärker und größer wachsen können. Aktuell findet eine Bereinigung statt und das ist ökonomisch auch gut so. Die Unternehmen stellen alles auf den Prüfstand, konsolidieren einzelnen Bereiche und konzentrieren sich auf ihre Stärken.

Auch darf man nicht vergessen, dass viele der aktuellen Probleme nur die westliche Welt bzw. die entwickelten Staaten treffen. Diese machen aber grob nur 1 Mrd. der insgesamt 8 Mrd. Weltbevölkerung aus und wachsen im Gegensatz zu anderen Regionen kaum noch, weil sich mit zunehmendem Wohlstand natürlich auch ein Sättigungsgefühl einstellt. D.h. Europa und die USA sind zwar aktuell noch starke Wirtschaftsregionen, sie werden aber in Zukunft mehr um ihre Positionen kämpfen müssen. Viele deutsche Unternehmen haben deswegen Ihre Rekordergebnisse nicht dem Heimatmarkt oder der EU-Zone zu verdanken, sondern Asien und Amerika. Sie diversifizieren also und investieren global. Eine vollständige Abhängigkeit von einzelnen Staaten oder Regionen findet man bei den „Global Playern“ selten.

In jeder Krise gibt es Verlierer und auch immer Gewinner. Die aktuelle Situation führt eher dazu, dass mittelständische Unternehmen Probleme bekommen und diese schwerer überwinden. Große börsennotierte Konzerne kommen besser durch solche Phasen. Schauen Sie sich doch beispielsweise mal die Entwicklung bei Bäckereien an: Der normale Bäcker vor Ort verschwindet und Bäckerei-Ketten stoßen in den Markt bzw. vergrößern ihren Marktanteil. Bei zu großen Preissteigerungen wird der Kunde im Zweifel eher zu Aufbackware aus dem Supermarkt greifen. Bei den Bäckereien kann man auch deutlich sehen, dass die Kostensteigerungen bei der Energie nur der letzte Tropfen waren, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat: Immer mehr Fachbetriebe schließen, weil sie keine Nachfolger, Arbeitskräfte und Azubis finden. Es wird alles komplizierter, alles bürokratischer und man muss auch noch die Brötchen für 50ct mit „Paypal“ zahlen lassen, um mit dem Supermarkt um die Ecke mithalten zu können. Das können viele kleine Betriebe mit wenigen Mitarbeitern kaum noch leisten und umsetzen. Deswegen verschwinden auch in anderen Branchen immer mehr Einzelhändler & Handwerksbetriebe. Auch unser eigenes Konsumverhalten führt unweigerlich zum Niedergang verschiedener Branchen oder Unternehmen, jeder kann bei sich selbst sehen, wie sich das Kaufverhalten ändert – als gutes Beispiel kann man hier Amazon und Co. Nehmen, wie hoch war das Bestellvolumen vor 5 Jahren, wie hoch ist es heute, wenn man den eigenen Account anschaut?

Mit einer breit gestreuten Anlagestrategie, wie Sie es in unseren Portfolios haben, investiert man deswegen weltweit und in verschiedene Branchen. In manchen Regionen der Welt beginnt jetzt z.B. erst die Nach-Corona Phase, wie wir sie im Frühjahr erlebt haben.

Abschließend lässt sich folgendes festhalten:
– Markteinbrüche dauern im Schnitt 2 Jahre, d.h. die Hälfte hätten wir in diesem Fall schon hinter uns.
– Die Einbrüche betragen in der Regel ca. 30%, wovon wir auch schon einen Großteil erlebt haben.
– Die Chancen sind aus unserer Sicht aktuell höher als die Risiken, da viele negative Entwicklungen schon eingepreist sind und weitere negative Effekte sind eher unwahrscheinlich.
– Aktienmärkte laufen dem tatsächlichen Wirtschaftszustand ca. ein halbes Jahr voraus. Wer also wartet bis positive Signale von den Unternehmen ausgehen, wird den Tiefpunkt auf jeden Fall verpasst haben.

Der Zwang sich mit der Anlage seines Gelds zu beschäftigen ist nochmals gestiegen. Ärgerten sich viele Sparer über die Negativ-Zinsen bei ihrer Bank, waren diese in der Realität noch Peanuts. Bei 0% Inflation, führt dies gerade einmal zu einem realen Wertverlust von 0,5% pro Jahr.
Aktuell beträgt dieser 9% pro Jahr (10% Inflation, bei 1% Guthabenzins), also nach nur 3 Jahren hätte man ¼ der Kaufkraft verloren.

Fazit:
Zwar befindet sich die Wirtschaftsleistung im Sinkflug und eine Rezession steht vor der Tür bzw. ist schon da, doch die Börsen laufen der Wirtschaft stets sechs bis neun Monat voraus. Dabei werden langfristige Aktientrends aber nicht durch Konjunkturtrends, sondern durch die Gewinntrends der Unternehmen definiert, sodass man sich bei einem breit gestreuten Portfolio keine Sorgen um das Comeback der Kurse machen muss -e s ist letztlich eine Frage der Zeit.

Ob wir schon den Tiefpunkt der Kurse erlebt haben oder es nochmals vielleicht 10% nach unten geht, weiß niemand. Genauso kann die Erholung in einem Monat oder auch erst in einem Jahr einsetzen. Jetzt die Nerven zu verlieren und auszusteigen oder für Neuinvestoren den Einstieg noch abzuwarten, bietet aber mehr Nach- also Vorteile. Die Börse klingelt bekanntlich weder zum Ausstieg noch zum (Wieder)Einstieg!

Insofern ist es sinnvoll, anstehende Geldanlagen zu strecken und aufzuteilen, um bei eventuellen Kursrückgängen noch günstiger einsteigen zu können. Genauso verhält es sich bei Entnahmen: Wenn man den Geldbetrag nicht in einer Summe sofort braucht, dann kann man auch über einen längeren Zeithorizont entnahmen tätigen und könnte so zumindest mit einem Teil von wieder steigenden Kursen profitieren. Wenn man das Geld nicht braucht, sollte man sich vor einem irrationalen Verkauf die Gedanken vorher machen, denn das Giro- und Sparkonto sind real gesehen keine Option.

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